BeziehungsMuster

über die Malerei-Serie 'BeziehungsMuster'

Myriam Thyes' Werk ist charakterisiert durch eine rationale Bildauffassung. Die Künstlerin formuliert ihre Gedanken im Kontext vorhandener Symbole (zum Beispiel solchen des Matriarchats) und vorhandener Bildkonzepte (zum Beispiel der Pop Art). Symbole wie Bildkonzepte adaptiert sie nach ihrem Bedarf, setzt sie ein in rhetorischer Absicht. Die stark reduzierte Formensprache, der sparsame Einsatz der Mittel, das Plakative des Farbauftrages bewirken eine hohe Lesbarkeit der einzelnen Elemente und ihres Zusammenspiels. Thyes' Darstellungen sind Emblemen vergleichbar. Wie diese verweisen sie auf die universellen Zusammenhänge, in die Dinge, Menschen und Handlungen eingebunden sind, und sie verkörpern die weltanschaulichen Vorstellungen der Künstlerin. Als Sinnbilder sind zum Beispiel die Kompositionen mit dem Titel Liebes-Kreuz oder Wiedergeburts-Kreuz zu lesen. Der Hintergrund, mit dem Thyes ihre diagonal ins Bildgeviert komponierten Figurenpaare hinterlegt, ist in satten, kräftigen Farben gehalten. Kopf- und Fußbereiche sind umgeben mit linearen, wellenförmigen, gezackten oder geometrischen Strukturen. Die Sujets - Strahlenkranz, Schlange, Labyrinth - sind dem uralten Formenschatz der Menschheitsgeschichte entnommen und verweisen auf den Mythos. Durch den Gebrauch dieser alten Symbole, d.h. durch ihre Aneignung, ergibt sich eine eigenartige Ambivalenz: Einerseits evozieren die Symbole die Aura des Vergangenen, andererseits provozieren sie gerade dadurch ein Nachdenken über die Gegenwart. Es ist dies eine raffinierte Bild-Strategie.

Kathrin Frauenfelder, Kunsthistorikerin, Zürich 1998, aus ihrer Rede zur Ausstellung in der Galerie A. M. Andersen

 

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