steirischer:altweibersommer 2012

Eine Ausstellung des Grazer Künstler-Kollektivs SCHAUMBAD mit Gast-Künstler/innen, Graz, Österreich, Oktober 2012.


AM SÜDRAND - Installation von Eva Ursprung und Myriam Thyes


steirischer:altweibersommer - AM SÜDRAND - Installation von Eva Ursprung und Myriam Thyes

 

steirischer:altweibersommer - AM SÜDRAND - Installation von Eva Ursprung und Myriam Thyes

 

steirischer:altweibersommer - AM SÜDRAND - Installation von Eva Ursprung und Myriam Thyes

 

steirischer:altweibersommer - AM SÜDRAND - Installation von Eva Ursprung und Myriam Thyes

 

steirischer:altweibersommer - AM SÜDRAND - Installation von Eva Ursprung und Myriam Thyes

 

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Eva Ursprung & Myriam Thyes: Am Südrand

Video- und Fotografie-Installation, Zeichnungen

Die Medien- und Konzeptkünstlerinnen Myriam Thyes und Eva Ursprung beschäftigen sich mit dem südlichen Stadtrand von Graz. Vom Areal der ehemaligen Tagger-Futtermittel-Werke ausgehend, arbeiten sie sich zum Schlachthof, zur Strafanstalt Karlau, zum Sturzplatz/Recyclingcenter und zur Triester Wohnsiedlung vor. Entlang der alten Stadtgrenze von Graz findet sich reichlich An-den-Rand-Gedrängtes. Der Sozialhistoriker Joachim Hainzl schreibt über den Bezirk Gries: „Zu dieser sozialräumlichen Ordnung gehörte auch, dass im Bezirk Gries die meisten Institutionen und Örtlichkeiten versammelt wurden, die zur Behandlung oder Aufbewahrung jener dienten, die ausgeschieden worden waren aus dem „normalen“ Gesellschaftsrahmen - angefangen von den Anstalten für Lepra- und Pestkranke im 14. Jh., über Kranken-, Isolier-, Armen-, Siechen- sowie Zucht- und Arbeitshaus ab dem 17. Jh., später die Strafvollzugsanstalt Karlau, der Zentralfriedhof oder die Irrenanstalt Feldhof (...). In unmittelbarer Nachbarschaft zu diesen Lagerstätten menschlichen Abfalls (das meint: die von der städtischen merkantilistischen und später kapitalistischen Gesellschaft als nutz- und wertlos Angesehenen und so Behandelten) wurde auch der Müll und anderer materieller Abfall gesammelt bzw. deponiert. So wurde die spätere Sturzgasse (damals bildete sie die Stadtgrenze) als Standort für die Fäkal-Sturzbrücke ausgewählt, da sie „den Mittelpunkt einer Anzahl Anlagen [bildet], welche ebenfalls üble Gerüche erzeugen und in dieser Hinsicht der neuen Sturzbrücke sicher nicht zurückstehen werden.“ Dazu gehörte die Wasenmeisterei (Verscharrungsplatz für Tierkadaver), die Abgabestelle für Fäkalien an Bauern, der Schlachthof und mit Urin arbeitende Gerbereien.“ (Wortmülldeponie, Ausreißer 38, 2011) Im aus dem Bewußtsein der Bevölkerung gerne verdrängten Randgebiet beginnt nun mit der Ansiedelung von Kunst (Ateliers), Veranstaltungsräumen und Sporteinrichtungen im Tagger-Gelände ein Gentrifizierungsprozess. Die Künstlerinnen versuchen, das Lebensgefühl in diesem Viertel zwischen Industrie-Ruinen und Zukunftsvisionen einzufangen.

In der Installation AM SÜDRAND zeigen Ursprung und Thyes ein erstes Resultat ihrer einwöchigen Annäherung: An die Wand projiziert werden Video-Sequenzen der Ruine/Baustelle von Tagger Futter, aus dem Wohngebiet Triester Siedlung (einst für die Arbeiter der Puch-Fahrzeug-Werke erbaut), eine Szene vor dem Recyclingcenter an der Sturzgasse, sowie Blicke auf den Schlachthof Graz und das Gefängnis Karlau. Der kleine digitale Bilderrahmen vor dieser Projektion zeigt eine Foto-Serie: Bewohner/innen der Triester Siedlung. Die beiden großen Heizöl-Kanister stammen von Tagger Futter: auf sie wird eine Foto-Serie der Ruine/Baustelle von Tagger Futter projiziert. Im Abflussloch der Duschpfanne (auf dem Boden an der Wand) ist das Wasser des Mühlgangs zu sehen - des Kanals, der einst das Wasserrad der Tagger-Mühle antrieb. Auf dem Monitor (vorne mittig auf dem Boden) spricht Dr. Hans-Heinz Tagger über seine Jugend in den Tagger-Werken. [Anmerkung: Wir haben nicht nur Herrn Tagger interviewt, sondern auch Bewohner/innen der Triester Siedlung. Doch eine künstlerische Kooperation mit ihnen wird erst in einem längeren Projekt realisierbar werden.] An der Wand hinter den Kanistern sind vier Buntstift-Zeichnungen aufgehängt, die M. Thyes bei Tagger Futter zeichnete.



Aus der Pressemitteilung zum steirischen:altweibersommer 2012

Auch in der dritten Ausgabe des steirischen:altweibersommer werden im bewährten Tandemsystem Arbeiten, Installationen, Aktionen, Performances und Videos produziert, gezeigt, aufgeführt und zur Schau gestellt. Die KünstlerInnen vom Schaumbad - Freies Atelierhaus Graz laden regionale und internationale „TandempartnerInnen“ ein, gemeinsam in einem einwöchigen Work in Progress-Prozess künstlerische Arbeiten zum Thema „Die neue Ehrlichkeit – das Ende der Ironie“ zu entwickeln. Diese entstehenden Arbeiten werden in Form einer Ausstellung zwei Wochen lang der Öffentlichkeit präsentiert, zur Eröffnung gibt es wie immer Performances und Interventionen.

das ende der ironie ist kein dogma, sondern die ernst gemeinte frage, ob vielleicht die welt um uns herum, die sprachspiele und die häuser und die symbole auf den geldscheinen und die verkehrsschilder und der lärm nicht schon ein endloses ironisches spiel sind, das man gar nicht mehr brechen kann, ohne es mitzuspielen. zumindest nicht ironisch. der versuch, einen altweibersommer lang bedingungslos ehrlich zu sein, auf doppelte spielchen zu verzichten und zu schauen, ob jemand was merkt. ernst muss man sich nehmen! (Johannes Schrettle)

Beteiligte Künstler/innen: Martina Edelmüller & Sarah Bildstein (Wien), Robert Findenig & Ferdinand Oberbauer (Graz), Martin Gansberger & Thomas Ehgartner (Hamburg), Max Gansberger & Bertram Könighofer (Wien), Karl Grünling & Manjuscha + - (Wien), Alexandra Gschiel & Mirac Güven (TR/AT), Elisabeth Gschiel & Martin Kroissenbrunner (Graz), Stefan Lozar & Christoph Kolb (Graz), Bernadette Moser & Martina Kleinhans (CH), Igor F. Petkovic & Ada Kobusiewicz (Granada), Stefan Schmid & Lorenz Kabas (Wien), Eva Ursprung & Myriam Thyes (Düsseldorf), Markus Wilfling & Peter Amann (Schniefis).



Pressemitteilung (PDF)      Video      Zeichnungen      Am Südrand (PDF)