Myriam Thyes stellt in der Galerie Grahn aus

Rheinische Post RP, Mönchengladbach, 31. Okt. 1996. Von Stefan Skowron.

Die neue Ausstellung der Galerie Grahn stellt die Künstlerin Myriam Thyes mittels zweier voneinander recht unterschiedlicher Werke vor. Im oberen Ausstellungsraum sind „Variationen über eine Weltanschauung" zu sehen. Das sind, einfacher gesagt, verschiedene Projektionen der Weltkarte, wie sie zur optimalen Untersuchung der tatsächlichen „Landmassendehnung" Verwendung finden. Weil: Nichts ist schließlich plan und eben auf dem blauen Planeten. Myriam Thyes hat sich die unterschiedlichen Projektionsverfahren zunutze gemacht, den Begriff der Weltanschauung aus seiner ideologisierten Ecke herausgelockt und so manche festgefahrene Ansicht verschoben. Europa liegt gar nicht zentral, ist keineswegs der Mittelpunkt. Es klemmt eher unten rechts, weil alles sich dreht und bewegt. Die zweite Arbeit der 1963 in Luxemburg geborenen, hernach in Zürich aufgewachsenen Künstlerin, die unter anderem von 1986 bis 1992 an der Akademie in Düsseldorf studiert hat, wo sie auch heute noch lebt und arbeitet, befaßt sich mit der Verwendung christlicher Ikonografie im modernen amerikanischen Actionfilm. So kompliziert das klingt, so einfach und richtig ist die Idee. Der Schwarzenegger-Film „Terininator 2 - Judgement Day" zitiert sowohl in seiner Handlungsstruktur, als auch mit einzelnen Personen, deren Charakteristiken, christlich-ikonografische Ideen: der Sieg des Guten über das Böse, das Erlöser-Prinzip, die Figur der Madonna. Myriam Thyes hat in einer Folge von 25 mal zwei Standfotos aus dem Film versucht, zwei deutliche Verweise in Beziehung zueinander darzustellen. Großaufnahmen der Schauspielerin Linda Hamilton (als „Sarah O'Conner" im Film das leidenschaftliche Gute verkörpernd) montiert sie mit Verwandlungsszenen des Flüssigmetall-Terminators (dem bösen, infernalischen Gegenspieler). Die stete Unwirklichkeit und Wandelbarkeit des Bösen steht der Emotionalität des Guten entgegen, die sich vor Angst und Verzweiflung, über Wille und Kraft, bis hin zu Überwindung und Zufriedenheit bewegt. Thyes beweist damit die Universalität traditioneller Muster oder auch Rollen, entdeckt, daß traditionelle Erfahrungen, in Klischees degradiert, weiter Bestand haben können. Und kommerziellen Erfolg.

 

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